Was Digitale Transformation mit Hochsprung zu tun hat – Gedanken zum aktuellen Schlagwort

Jürgen Wagner |
5. März 2018 |

Der Begriff „Digitale Transformation“ als die große Revolution ist aktuell in allen Medien präsent und darf in keiner Vision fehlen. Ich sehe aber oft, welche Verwirrung um dieses Schlagwort herrscht und möchte hier gern meine Gedanken dazu teilen.

Digitalisierung – Digitale Transformation

Zuerst fällt mir auf, dass der Begriff „Digitalisierung“ oft schon als „Digitale Transformation“ bezeichnet und/oder verstanden wird. Das sollte in meinen Augen besser deutlich voneinander getrennt werden.

Als Digitalisierung sehe ich den Übergang von analog zu digital. Das ist z.B. die Ablösung von Papierdokumenten (Urlaubsantrag, Materialanforderung, Reisekostenabrechnung, eingescannte Rechnung) durch Formulare/Dialoge im Intranet. Die Vorteile gegenüber der herkömmlichen Hauspost mit nur einer analogen Kopie sind klar: schnellere Bearbeitung am Rechner ohne Wartezeiten. Und andere neue Techniken und Applikationen (z.B. Mobile Devices, Sensoren, Vernetzung und Apps, Frameworks, Cloudspeicher…) sorgen dafür, dass durch Informatik/IT immer mehr Bereiche für die Digitalisierung erschlossen werden.

Das ist zwar ein Wandel (Transformation) bedeutet aber noch keine große Revolution, sondern eher ein erwartetes stetiges Wachstum, wie es z.B. auch bei fortschreitender Motorisierung und Automatisierung zu verfolgen ist. Mit den üblichen Verfahren „qualifizierte Mitarbeiter suchen und regelmäßig weiterbilden, ; Produktpalette an neueste Technik anpassen, innovativ bleiben im eigenen Kerngeschäft“ wird man hier auch weiter gut fahren… oder lieber im Konjunktiv „würde“?

Denn ein wichtiger Punkt ergibt sich aus der fortschreitenden Digitalisierung als Basis-Baustein für die wirkliche „Digitale Transformation“: die digitalen Zwillinge! Die Abbilder der analogen Geschäftsobjekte der realen Welt sind nun digital und vernetzt verfügbar.

Eine markante Technologie dazu ist das beginnende Internet-of-Things. In meinen Augen ist dies momentan noch sehr experimentell mit lustigen Gadgets oder bedenklichen Pseudoprodukten… Aber auch die ersten Dampfmaschinen, Flugzeuge, Rechner und Mobiltelefone wurden belächelt.

Disruptive Entwicklungen

Unbestreitbar und sehr aufmerksam zu beobachten ist das immens steigende generierte vernetzte Datenaufkommen. Denn heute ist dazu auch die Technik verfügbar, um diese Datenmengen als Big Data zu erfassen. Zusätzlich kommen zur Verarbeitung und Nutzung dieser Daten die Verfahren aus Künstlicher Intelligenz (KI) und Machine Learning (ML) neu dazu. Diese Datenmengen sind also beherrschbar.

Mit diesen neuen und gleichzeitig auftretenden Aspekten kommen alle nötigen Zutaten für eine disruptive Entwicklung voller Wucht und Schnelligkeit zusammen, als würden sich die drei Aspekte als einzelne Wellen zu einem tsunami-artigen „Kaventsmann“ vereinen.

Und genau diese auf die etablierten Unternehmen zurollende Welle muss beachtet werden!

(Digitale) Transformation

Denn die Prozesse beginnend mit dem Kundenwunsch über die Produktauswahl/-kauf bis hin zum Service/Support unterliegen einer stetigen Veränderung. Mit veränderten Geschäftsmodellen oder völlig neuen Vertriebskanälen kann die Bedeutung von Produkt-Know-Hows der Unternehmen und der Erfahrung der Mitarbeiter zum Unique-Selling-Point dadurch abnehmen. Erst diese komplett veränderten Abläufe sind aus meiner Sicht die „Digitale Transformation“.

Noch einmal zurück zu den eingangs genannten Papierdokumenten und ihrer Digitalisierung im Intranet/Internet. Können diese Belege evtl. automatisiert genehmigt werden? Kann eine KI erlernen, die einfachen Fälle autonom zu verarbeiten, nur noch komplexe Fälle an Bearbeiter zur manuellen Genehmigung zu schicken und sogar mit statistischen Mitteln versteckte Fehler und Unregelmäßigkeiten zu entdecken? Ich meine „Ja“. Und erst dann sehe ich die Verarbeitung erst wirklich digital transformiert.

Und so müssen auch etablierte Unternehmen damit rechnen, dass ihre starren Sales-/Service-Routinen bei neuen Wettbewerbern durch ganz andere Abläufe verbessert ersetzt werden, sie vom Wettbewerb überholt werden, sozusagen auf überraschende, vorher als undenkbar oder unerlaubt vermutete Weise. Anschaulich gesagt „mit überhöhter Geschwindigkeit“ oder „auf verbotener Spur“… und das ist meines Erachtens die eigentliche Tragweite der Digitalen Transformation: es gibt neue Player/Konkurrenten und die „schummeln/tricksen“, weil sie sich nicht an die üblichen Mechanismen halten und alle überraschen:

  • … da läuft z.B. jemand die 100 Meter bei der WM mit einer Abkürzung und gewinnt –das ist nur undenkbar, noch nicht passiert aber explizit im Regelwerk evtl. nicht verboten?!
  • …oder springt beim Hochsprung unter der Latte hindurch und gewinnt – da war doch mal was? Richtig:

    Dick Fosbury 1968 bei den Olympischen Spielen in Mexiko.

Den Konkurrenten des Straddle-Stils hatten leider die bewährten Methoden „Sichtung der besten Talente, Verpflichtung der besten Trainer und Organisation der besten Trainingslager“ nicht mehr gereicht.

Das lösungsinvariante Kundenproblem

Der Fosbury-Flop hat Effizienzvorteile, weil der Körperschwerpunkt während der Sprungkurve immer unterhalb der vom Körper zu überquerenden Hochsprunglatte liegt. Dies entspricht dem „lösungsinvarianten (Kunden)Problem“.

Genau diese Sicht auf die Kundenprobleme müssen Sie als Unternehmen haben. D.h. überprüfen Sie Ihre Produkte, Dienstleistungen und Lösungen im digitalen Umfeld, ob sich ähnliche (vorher undenkbare) Vorteile in Geschäftsabläufen durch Vernetzung, IoT, Big Data und KI/ML zukünftig sichtbar und nutzbar machen lassen.

Sind Sie z.B. ein Hersteller für Messgeräte? Ihre Kunden wollen dann eigentlich gar keine Messgeräte kaufen/besitzen. Sie benötigen diese nur, um die Produktionsanlagen und die Qualität der gefertigten Produkte zu prüfen. Ein anderer Ablauf (für einen exemplarischen einfachen Fall) könnte es schon sein, mit dem Bewegungs-/Erschütterungssensor eines Handys die Resonanzen/Schwingungen der Produktionsanlage zu erfassen. Schon wäre die Digitalisierung erledigt und sie hätten den „digitalen Zwilling“ der benötigten Daten. Diese könnten nun mit großen Mengen bekannter Kennlinien intakter und fehlerhafter Anlagen (z.B. in der Cloud bei einem Service-Dienstleister) von einer KI verglichen werden. Hier wäre also ein Wechsel vom Erwerb/Besitz von Produkten hin zum Ergebnisservice erfolgt.

Ähnliche Ideen gibt es bei den großen Automobilherstellern, die eine Abkehr vom Modell „Besitz eines Fahrzeugs“ hin zu „Mobilitätslösungen“ verfolgen. Erst solche Änderungen von Abläufen und Geschäftsprozessen möchte ich als „Digitale Transformation“ bezeichnen.

Ihre Digitale Transformation

Und abschließend möchte ich auf den Handlungsbedarf ob der möglichen disruptiven Entwicklungen hinweisen. Beispiele wie Uber und AirBnB haben gezeigt, dass es nicht reicht, (s)einen Vorsprung vor altbekannten Wettbewerbern zu halten. Sie müssen sich gänzlich neuen Konkurrenten und Angeboten stellen, die sehr schnell, überraschend und beherrschend erscheinen können.
Prüfen Sie Ihren Digitalen Reifegrad, machen Sie einen Workshop zu neuen Ideen/Abläufen und deren Umsetzung mit Ihrer IT. Seien Sie bereit für die eigene Digitale Transformation und fühlen Sie sich vorbereitet auf die neuen Ansätze Ihrer Wettbewerber. Wir unterstützen Sie gerne dabei!

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